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Res publica

Volk krass Ein neutestamentlicher Einwurf zum Wesen der Demokratie


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Selten regiert in Demokratien die Vernunft. Nur wer die Herzen der Menschen gewinnt, wird gewählt. Wahlentscheidungen sind wesentlich emotional bestimmt; die Vernunft spielt bestenfalls eine Nebenrolle. Das zeigen allein schon die Wahlkämpfe. Der für den gesellschaftlichen Diskurs notwendige Austausch von Argumenten zwischen Diskutanten ist längst in den Hintergrund getreten. Die politische Bühne wird stattdessen von wild gestikulierenden und durcheinander lärmenden Kombattanten beherrscht. Die Weisheit verschafft sich da nur selten Gehör, Wahrheit wird zur Mehrheitsfrage erklärt. Politik – das ist in den meisten Talkshows nur noch Unterhaltung auf pubertierendem Niveau: Es geht darum das Herz der Objekte der Begierde zu gewinnen – der Wählerinnen und Wähler. Und die Wählerinnen und Wähler haben natürlich Sorgen. Jeder hat Sorgen. Da stört es kaum, dass die meisten Sorgen wenig begründet sind. Die Bilder, die allabendlich in die Wohnzimmer flimmern, tun ihr Übriges, um die Sorgen zu vermehren. Horden werden da gezeigt, die über flugs aus dem Erdboden gestampfte Grenzzäune steigen – gleich werden sie am eigenen Gartenzaun stehen. Lange Schlangen stehen da vor den Ämtern – das hat man doch in den vergangenen Zeiten der Not selbst erlebt, als es nichts gab; und jetzt ist es schon wieder so. Von Millionen Menschen ist die Rede, die noch nicht einmal die eigene Sprache sprechen und jetzt als Flüchtlinge kommen – da ist man ja, obschon die meisten selbst kaum Kontakt zu den so Vertriebenen hatten, bald Fremder im eigenen Land. Und in Idomeni sollen schon wieder so viele Flüchtlinge vor den Zäunen warten.

Empfinden ist noch lange kein Denken

Das gesunde Volksempfinden ist vor allem eine Emotion. Das gesunde Volksempfinden kommt ohne Verstand aus. Das gesunde Volksempfinden ist irrational. Das haben auch die Landtagswahlen am 13. März 2016 gezeigt. In Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz hat die AfD den Sprung in die Länderparlamente geschafft. Bei allen drei Landtagswahlen hat sie ein zweistelliges Ergebnis eingefahren, in Sachsen-Anhalt liegt sie sogar bei weit über 20%1). In zwei Landtagen ist sie sogar stärker als die SPD.

Alles Karikieren und Disputieren, alle Satire und Rhetorik hat nichts geholfen: Die AfD ist rein zahlenmäßig zur Volkspartei geworden. Die etablierten Parteien haben versucht, mit der Rhetorik von den „demokratischen Parteien“ eine Abgrenzung zu schaffen. Sie haben damit das Gegenteil erreicht. Das aus dem Griechischen stammende Wort „Demokratie“ – ein Kompositum aus δῆμος (gesprochen: dêmos – Volk) und κρατία (gesprochen: kratía – Herrschaft) – heißt ja wörtlich: Herrschaft des Volks. Eine Partei, die sich gerade auf den Volkswillen beruft, der sich scheinbar in den Massendemonstrationen von Pegida in Dresden und von Legida in Leipzig manifestiert und in dem Schrei „Wir sind das Volk“ lautstark Geltung verschafft, wird gerade in dieser versuchten Ausgrenzung ebenso einen emotionalen Ansatzpunkt finden, die Etablierten der Lüge zu zeihen, wie in der Weigerung der Etablierten, sich mit den Protestlern der AfD diskursiv auseinanderzusetzen2).

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Die AfD holte in Sachsen-Anhalt weit über 20% der Wählerstimmen, während die SPD den Status einer Volkspartei verloren zu haben scheint.

Die Methode der Diffusion

Die AfD und ihre Vertreterinnen und Vertreter verstehen das Spiel auf der Klaviatur der Emotionen nahezu perfekt. Sie suggerieren ein Verständnis für die Sorgen der Menschen, ohne sich auch nur annähernd auf einen Lösungsansatz festlegen zu lassen, der demokratischen Wertesystemen entspricht. Die Diffusion ist die Methode. Je diffuser ein Parteiprogramm ist, desto mehr Projektionsfläche bietet es für die Ängste und Befindlichkeiten der Menschen. Es genügt daher schon, dass die AfD die Probleme benennt. Die Menschen bekommen so das Gefühl, verstanden zu werden. Was braucht es da Lösungen: Die verstehen uns, die wählen wird.

Genau das haben die etablierten Parteien nicht verstanden. Ignoranz auf der einen Seite und die Weigerung zu echtem Diskurs auf der anderen Seite werden letztlich als Arroganz des Establishments verstanden. Kommt dann noch – wie etwa bei der CDU-Kandidatin von Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner, ein erkennbarer Wankelmut hinzu, der so offenkundig von der Geilheit auf Mehrheiten gespeist ist, dann fühlen sich die Wählerinnen und Wähler in ihrem Verdacht, nur ohnmächtige Mehrheitsbeschaffer zu sein, bestätigt.

Wenn Demokratie zur Bauchentscheidung wird

Man wird mit Analysen zu den Wahlen vom 13. März 2016 sicher vorsichtig sein müssen. Aber es zeigt sich, dass demokratische Wahlen vor allem auch Bauchentscheidungen sind. Die Intuition ist etwas dem Menschen Eigenes. Die Intuition kann dem Verstand manchen wichtigen Impuls geben. Ohne Verstand aber kann die Intuition zur Gefahr für das Zusammenleben der Menschen werden. Eine irrationale Intuition ist vor allem Ich-Fixiert. Sie sieht nur die eigenen Bedürfnisse, nicht mehr das große Ganze. Die Symptome dafür sind: lärmendes Durcheinanderreden, die Unfähigkeit, zuzuhören, Diffamierung Andersdenkender, die Herrschaft von Wut, Zorn und Hass und der Verlust der Mäßigung. Es sind gerade die starken Emotionen von Wut und Hass, die die Bauchentscheidungen regieren. Es ist die Angst, die die Demokratie in die Enge treibt.

Der Schrei des δημος (demos)

Das Wort δῆμος (gesprochen: dêmos) kommt im Neuen Testament nach Auskunft einer Konkordanz nur viermal vor3). Das Vorkommen beschränkt sich auf die Apostelgeschichte. In Apostelgeschichte 12,22 heißt es als Reaktion auf eine Rede von König Herodes:
Das Volk aber schrie: Die Stimme eines Gottes, nicht eines Menschen!

Auch das zweite Vorkommnis des Wortes δῆμος ist von starken Emotionen begleitet. In Apostelgeschichte 17,1-15 wird vom Aufenthalt des Paulus in Thessalonich und Beröa erzählt. Zu Anfang des Berichtes heißt es:

Nach seiner Gewohnheit ging Paulus zu ihnen und redete an drei Sabbaten zu ihnen, wobei er von den Schriften ausging. Er legte sie ihnen aus und erklärte, dass der Messias leiden und von den Toten auferstehen musste. Und er sagte: Jesus, den ich euch verkünde, ist dieser Messias. Einige von ihnen ließen sich überzeugen und schlossen sich Paulus und Silas an, außerdem eine große Schar gottesfürchtiger Griechen, darunter nicht wenige Frauen aus vornehmen Kreisen. Apostelgeschichte 17,2-4

Dass ein solcher Erfolg Neider produziert, liegt fast schon auf der Hand:

Die Juden wurden eifersüchtig, holten sich einige nichtsnutzige Männer, die sich auf dem Markt herumtrieben, wiegelten mit ihrer Hilfe das Volk auf und brachten die Stadt in Aufruhr. Sie zogen zum Haus des Jason und wollten die beiden vor das Volk führen. Apostelgeschichte 17,5

Der δῆμος ist auch hier in Aufruhr, aufgewiegelt von einigen Eifersüchtigen, die sich die Ängste und Sorgen des Volkes zunutze zu machen wissen. Veränderungen sind immer von Ängsten begleitet. Und Paulus steht für den sogenannten „(neuen) Weg“.

Wahrheit im Widerstand

ἡ ὁδός (gesprochen: he hodós) – der Weg – so bezeichneten offenkundig die frühen Christen ihre Bewegung:

Er [Paulus] ging in die Synagoge und lehrte drei Monate lang freimütig und suchte sie vom Reich Gottes zu überzeugen. Da aber einige verstockt waren, sich widersetzten und vor allen Leuten den (neuen) Weg verspotteten, trennte er sich mit den Jüngern von ihnen und unterwies sie täglich im Lehrsaal des Tyrannus. Das geschah zwei Jahre lang; auf diese Weise hörten alle Bewohner der Provinz Asien, Juden wie Griechen, das Wort des Herrn. Apostelgeschichte 19,8-10

Paulus befindet sich in Ephesus. Auch hier ist seine Verkündigung von großem Erfolg gekrönt. Bereits kurz nach seiner Ankunft kommt er in Kontakt mit Jüngern Johannes des Täufers4). Nach einem theologischen Diskurs, den Lukas in der Apostelgeschichte auf die Frage reduziert, ob die Taufe des Johannes ebenso den Heiligen Geist mitteilt wie die Taufe auf Jesus Christus, lassen sich die Johannesjünger taufen, weil sie den Heiligen Geist eben noch nicht haben (vgl. hierzu Apostelgeschichte 19,1-7).
Danach geht Paulus in die Synagoge, um dort zu lehren. Das entspricht seiner auch von ihm selbst bekannten Missionsmethode. Paulus geht immer zuerst in die Synagogen, um dort zu lehren. Dort kommen aber nicht nur die Juden zusammen, sondern auch die Heiden – also die Nicht-Juden –, die allerdings vom jüdischen Monotheismus sicher nicht nur intellektuell fasziniert waren. Ein Gott, den man im Unterschied zu den von Menschenhand gemachten Götterstatuen der griechischen und römischen Götterwelt, nicht sehen kann, hatte seine ganz eigene intellektuelle Anziehungskraft. Freilich konnten diese sogenannten „Gottesfürchtigen“ nicht ganz in die Gemeinschaft des auserwählten Volkes eintreten. Sie wollten es nicht, weil sie sonst an die Thora gebunden gewesen wären; und sie konnten es nicht, weil auch ein Proselyt eben nicht aus dem Samen Abrahams stammte. Nun aber kam Paulus und verkündete das Evangelium des vom Kreuzestod Auferstandenen und damit auch das Evangelium der Gesetzesfreiheit. Das brachte ihn regelmäßig in Konflikt mit der Synagogengemeinde, führte ihm aber auch die Gottesfürchtigen zu, die in den von Paulus gegründeten Gemeinden nun doch in das neue Volk Gottes eintreten konnten. Das war der neue Weg! Ein Weg der Wahrheit, der den Widerstand in Kauf nahm.

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Eine Rekonstruktion des Artemis-Tempels von Ephesus - eines der sieben antiken Weltwunder.

Verkündigung mit Verstand ...

Auch in Ephesus verkündet Paulus zuerst in der Synagoge. Es dauert verhältnismäßig lange, bis sich Widerstand regt. Zwei Jahre lang kann er Anhänger gewinnen. Lukas, der Autor der Apostelgeschichte, betont sogar – sicher etwas euphemistisch –, dass alle Bewohner der Provinz Asien, Juden wie Griechen, das Wort Gottes wahrnahmen. Das ist das Ziel der Verkündigung: Das Wort Gottes soll verkündet und gehört werden; ob es auch zu Bekehrungen führt, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Aber das Wort Gottes wird in Ephesus und der Asia mit Erfolg gehört. Die Reaktionen der Bevölkerung sind eindeutig:

Auch ungewöhnliche Wunder tat Gott durch die Hand des Paulus. Sogar seine Schweiß- und Taschentücher nahm man ihm vom Körper weg und legte sie den Kranken auf; da wichen die Krankheiten und die bösen Geister fuhren aus. Apostelgeschichte 19,11-12

Das ruft Nachahmer auf den Plan:

Auch einige der umherziehenden jüdischen Beschwörer versuchten, den Namen Jesu, des Herrn, über den von bösen Geistern Besessenen anzurufen, indem sie sagten: Ich beschwöre euch bei dem Jesus, den Paulus verkündet. Apostelgeschichte 19,13

Freilich werden diese bald als Scharlatane entlarvt (vgl. Apostelgeschichte 19,14-26).
Der Ruf des Paulus und seiner Mitarbeiter verbreitet sich wie ein Lauffeuer und führt dazu, dass ehemaliges Vertrauen auf Magie und Hexerei sich zu Glauben wandelt:

Viele, die gläubig geworden waren, kamen und bekannten offen, was sie (früher) getan hatten. Und nicht wenige, die Zauberei getrieben hatten, brachten ihre Zauberbücher herbei und verbrannten sie vor aller Augen. Man berechnete den Wert der Bücher auf fünfzigtausend Silberdrachmen. Apostelgeschichte 19,18-19

Den Wert einer Drachme kann man etwa mit dem Tageslohn eines Arbeiters gleichsetzen. Der Wert der verbrannten Bücher ist also immens. Das Wirken des Paulus ist also auch wirtschaftlich relevant. Es schädigt den Kultbetrieb, der gerade in Ephesus ein großer Wirtschaftsfaktor war. Ephesus beherbergte den Artemistempel, der als einer der sieben Weltwunder galt. Artemis wurde unter anderem als Helferin der Gebärenden verehrt, erfreute sich also nicht zuletzt deshalb im Volk großer Beliebtheit. Es ist kein Wunder, dass sich um ihren Kult in Ephesus ein lukratives Devotionaliengewerbe entwickelte. Silberschmiede stellte kleine Artemis-Tempel her, die man mit nach Hause nehmen und sich so die Wirkkräfte der Göttin unmittelbar verfügbar machen konnte.
Paulus, der doch den unbekannten Gott verkündete (vgl. Apostelgeschichte 17,16-34), dürfte sich durchaus kritisch mit einer solchen Praxis, die in abgewandelter Form auch in heutigen Wallfahrtsorten auch römisch-katholischer Provenienz begegnet, auseinandergesetzt haben.

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Eine römische Nachbildung zeigt die Artemisstatue von Ephesus.

... bringt den δημος in Aufruhr

Der Erfolg seiner Verkündigung bringt den Devotionalienbetrieb in Ephesus in Gefahr. Der Absatz der Silberschmiede bricht ein und es kommt zum Aufruhr.

Um jene Zeit aber wurde der (neue) Weg Anlass zu einem schweren Aufruhr. Apostelgeschichte 19,23

Das hier verwendete Wort τάραχος (gesprochen: tárachos) bedeutet wörtlich „seelische Erregung, Aufruhr, Tumult“. Es beschreibt die irrationale Affektivität der Reaktion, die im Folgenden in Apostelgeschichte 19,24-34 geschildert wird. Rädelsführer der vom Absatzeinbruch betroffenen Silberschmiede ist ein gewisser Demetrius. Er zeichnet ein düsteres Zukunftsbild und hetzt das Volk auf. Es kommt zu einem Aufstand in Ephesus. Schließlich wird das Theater gestürmt. Der Mob tobt und bemächtigt sich das Volk zweier Gefährten des Paulus, Gaius und Aristarch, die mit ins Theater geschleppt werden (vgl. Apostelgeschichte 19,29).
An dieser Stelle finden sich die beiden anderen Vorkommen des Wortes δῆμος im Neuen Testament. Paulus will unter dieses Volk (δῆμος) gehen (vgl. Apostelgeschichte 19,30), um sein Gefährten zurück zu holen. Freilich wird er zurückgehalten, denn die Situation würde durch sein Auftreten nur unnötig verschärft. Die Vernunft hat längst das Weite vor den überbordenden Emotionen gesucht:

Dort schrien die einen dies, die andern das; denn in der Versammlung herrschte ein großes Durcheinander und die meisten wussten gar nicht, weshalb man überhaupt zusammengekommen war. Die Juden schickten Alexander nach vorn und aus der Menge gab man ihm noch Hinweise. Alexander gab mit der Hand ein Zeichen und wollte vor der Volksversammlung eine Verteidigungsrede halten5). Doch als sie merkten, dass er ein Jude war, schrien sie alle fast zwei Stunden lang wie aus einem Mund: Groß ist die Artemis von Ephesus! Apostelgeschichte 19,32-34

Auch hier sind beide Verwendungen des Wortes δῆμος also mit intensiven und affektiven Emotionen verbunden: Der δῆμος denkt offenkundig nicht, er schreit verführt zum Aufruhr.

Allahu akhbar! Wir sind das Volk!

Der Schrei nach der Größe der Artemis von Ephesus ähnelt verdammt dem Gebrüll islamistischer Fundamentlisten, der seinerseits dem manipulativen Geplärr selbsternannter Entdecker des Volksempfindens im Duktus nicht unähnlich ist. Wenn die krasse Herrschaft des Volks zu einer solchen Demokratie wird, dann braucht es kühle Köpfe, die mit Verstand den neuen Weg weisen können. Es braucht Männer wie den Stadtschreiber von Ephesus:

Der Stadtschreiber aber brachte die Menge zur Ruhe und sagte: Männer von Ephesus! Wer wüsste nicht, dass die Stadt der Epheser die Tempelhüterin der Großen Artemis und ihres vom Himmel gefallenen Bildes ist? Dies ist unbestreitbar; ihr müsst also Ruhe bewahren und dürft nichts Unüberlegtes tun. Ihr habt diese Männer hergeschleppt, die weder Tempelräuber noch Lästerer unserer Göttin sind. Wenn also Demetrius und seine Zunftgenossen eine Klage gegen irgend jemand haben, so gibt es dafür Gerichtstage und Prokonsuln; dort mögen sie einander verklagen. Wenn ihr aber noch etwas anderes vorzubringen habt, so kann das in der gesetzmäßigen Volksversammlung geklärt werden. Sonst sind wir in Gefahr, dass man uns nach dem heutigen Vorfall des Aufruhrs anklagt, weil kein Grund vorliegt, mit dem wir diesen Volksauflauf rechtfertigen könnten. Nach diesen Worten löste er die Versammlung auf. Apostelgeschichte 19,35-40

Ein namenloser Mann wird zum Helden der Wahrheit. Er nimmt die Sorgen des Volkes ernst, walzt die Emotion aber nicht aus. Er mahnt zur Besonnenheit. Er schaut auf die Fakten, nicht auf die Gerüchte. Er verweist auf den Rechtsstaat und seine Institutionen. Wahre Demokratie findet eben doch nicht im Bauch statt, sondern mit kühlem Kopf. Echte Demokratie braucht die gesetzmäßige Volksversammlung, die ἐκκλησία (gesprochen: ekklesía – vgl. Apostelgesichte 19,39). Das Gesetz der Straße führt zum Aufruhr; die ἐκκλησία hingegen nimmt die Mühe der Wahrheitsfindung auf sich.

Die Stunde der Wahrheit

Die ἐκκλησία, die Volksversammlung, ist der Ort, wo der demokratische Diskurs stattfindet. Die Parlamente von heute sind der Ort, wo die Volksvertreter diesen Diskurs zu führen haben. Die AfD hat es in freien und demokratischen Wahlen in die Parlamente geschafft. Das mag man bedauern. Nun aber schlägt die Stunde der Wahrheit, ob da noch mehr ist als Parolen und Phrasen. Das gilt auch und insbesondere für die etablierten Parteien. Es braucht jetzt standhafte Männer und Frauen, die von gesundem Wahrheitsempfinden getrieben, ihr Wort machen – sicher mit Leidenschaft, vor allem aber mit Verstand. Wahrheit kann man schließlich nicht wählen. Wahrheit kann man nur erkennen.

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Bildnachweis

Titelbild: Slogan: Wir sind das Volk (Berlin, 2009) (Immanuel Giel – Ausschnittbearbeitung: Werner Kleine) – Quelle: Wikicommons – lizenziert als public domain

Bild 1: Vorläufiges Endergebnis der Landtagswahl vom 13.3.2016 in Sachsen-Anhalt – Quelle: tagesschau.de

Bild 2: Miniaturmodell des Artemistempels von Ephesus (Zee Prime) – Quelle: Wikicommons – lizenziert als CC-BY-SA-2.5

Bild 3: Artemis von Ephesus (Marie-Lan Nguyen) – Quelle: Wikicommons – lizenziert als public domain

Einzelnachweis   [ + ]

1. Vgl. hierzu http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/hochrechnungen-afd-in-allen-drei-laendern-mit-zweistelligen-ergebnissen-14122119.html [Stand: 13. März 2016].
2. Vgl. hierzu etwa M. Hanfeld, Die AfD muss draußen bleiben, FAZ-online vom 19.1.2016 (Quelle: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/swr-schliesst-afd-von-talkrunde-vor-landtagswahlen-aus-14022402.html [Stand: 13. März 2016]).
3. Vgl. hierzu W.F. Moulton, A.S. Geden, A Concordance to the Greek Testament, Edinburgh 1996, S. 193.
4. Es steht zu vermuten, dass in frühchristlicher Zeit die Johannesjünger eine durchaus relevante und mit dem frühen Christentum konkurrierende Gruppe waren. Der Streit zwischen Johannes- und Jesusjüngern dürfte unter anderem auch um die Frage gegangen sein, wer denn der wahre Messias sei. Die Evangelien spiegeln diesen Streit genauso aus Sicht der frühen Christen wieder wie die Apostelgeschichte. Nicht umsonst wird hier immer wieder die Vorläuferschaft Johannes’ des Täufers betont, der auf Jesus Christus, den wahren Messias hinweist. Das macht nur Sinn, wenn zeitgenössisch hier noch eine aktuelle Auseinandersetzung wirksam war. Faktisch gehen die heute noch im Nahen Osten lebenden Mandäer auf die Bewegung zurück, die sich auf Johannes den Täufer als Messias berief (vgl. hierzu den Wikipedia-Beitrag „Mandäer“: https://de.wikipedia.org/wiki/Mandäer [Stand: 13. März 2016]).
5. Besser: Alexander aber winkte mit der Hand und wollte sich dem Volk (τῷ δήμῳ – gesprochen: tô démo) verantworten.
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3 Replies

  1. Seitdem ich in der Bibelschule Köln von Herrn Dr. Kleine auf Dei Verbum aufmerksam gemacht wurde, lese\höre! ich jeden Dienstag mit wachsender Begeisterung Ihre Beiträge! Diese Kombination von aktuellen Themen mit Worten aus der Bibel ist einzigartig! Machen Sie mehr Werbung! Ich tue es auch.

    • Liebe Frau Seibert, danke für die motivierende Rückmeldung. Die Zugriffszahlen auf Dei Verbum steigen. Es spricht sich also schon schön herum. Aber noch mehr Werbung kann nie schaden. Danke, dass Sie uns weiter empfehlen. Ihr Dr. Werner Kleine.

  2. Lieber Herr Kleine,

    das war die umfassendste Analyse, die ich bislang zu dem Thema gelesen habe. Vielen Dank dafür!

    Herzliche Grüße

    Peter Klaus