Ecclesiastica

Die Kirche des Missbrauchs Von der Scheol zum Gericht

„Prüft alles und behaltet das Gute!“ – dazu wurde in der Heiligen Messe am vergangenen dritten Adventssonntag jeder Kardinal, jeder Bischof, jeder Priester, jeder Ordensbruder, jede Ordensschwester, alle Laien und selbst der Papst aufgefordert. Es ist Zeit, dass aus der Krise die Kritik wird. Es wird Zeit, dass die Unterscheidung der Geister vollzogen wird, damit der eine heilige Geist in der Kirche nicht erlösche. Gott steht bereits auf der Seite der Missbrauchsopfer – darüber besteht kein Zweifel und dafür braucht es keinen einzelnen Schriftbeweis. Der Gott, den wir unseren Vater nennen, ist ein Gott der Armen, Elenden und Unterdrückten.

Wisst ihr denn nicht, dass Ungerechte das Reich Gottes nicht erben werden? 1 Korinther 6,9

Die Zeit der rhetorischen Fragen, ja der gesamten Rhetorik ist schon lange vorbei. Die Kardinalfehler der Kirche führen sie in einen Abgrund, aus dem sie vielleicht nur noch das Bittgebet der Missbrauchsopfer retten kann. Der adventliche Ruf Maranatha – „Unser Herr, komm!“ ist zu einem Gerichtsruf geworden. Worauf können wir als Kirche noch hoffen, wenn wir keine Kirche sind, in der die durch Kirchenhand geschundenen Seelen Gehör finden?

Ist die Kirche zur Scheol, zu einem Teil der Unterwelt geworden, vor der die Beter der Psalmen sich so fürchten? Sind wir ein Gott-ferner Ort? Sind wir der Tod inmitten des Lebens geworden?

Wenn der HERR mir nicht hülfe, läge ich bald am Orte des Schweigens. Psalm 94,17

Der Abstieg Christi in die Unterwelt mag vielleicht die Fesseln der Scheol zerbrochen haben, die wir heute noch im Gebet erinnern (Psalm 18,16), doch aus der düsteren, sicheren Distanz zum strafenden Gott ist das finale Urteil geworden – das glauben wir. Der sooft verkündete Gott der Liebe liebt Gerechtigkeit. Auch Christen haben keine Dauerkarte für den Himmel. Die Kirche ist nicht der Himmel auf Erden, sondern eigentlich der Ort der Nachfolge dessen, der uns warnt:

Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, doch die Seele nicht töten können; fürchtet euch aber viel mehr vor dem, der Leib und Seele verderben kann in der Hölle. Matthäus 10,28

Die prophetischen Stimmen der Missbrauchsopfer können die Kirche retten, doch sie müssen gehört werden. Diejenigen, die die Stimmen der Leidenden unterdrücken, löschen den Geist Gottes in der Kirche aus, der Leben schenkt. Maranatha – unser Herr, komm und führe Deine Kirche aus der Unterwelt zum Gericht!

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Bildnachweis

Titelbild: von 7divuha7, veröffentlicht auf PxHere.

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2 Replies

  1. … als ich vor mehr als 35 Jahren begonnen habe, Theologie zu studieren, hätte ich mir eine solche Situation heute nicht vorstellen können… es gab die ersten Riße, die Verköcherungen, das ‘falsch’ verstandene/gelebte Priesterbild, ein Heiligkeitsverständnis, das sich in Weltabkehr manifestiert hat, all das ist mehr geworden. Heute sehen “wir” eine KirchenFASSADE und immer noch so viele (so viele es noch sind), die die Tiefe der Erschütterung nicht wahrhaben wollen … die Kirche erwacht in den Seelen … fast hundert Jahre ist der Satz her, ich kannte noch Menschen, die selbst von dieser Geist- und Heiligkeitserfahrung geprägt waren. Und heute? Und das ist keine Frage des Geldes (allein), das läßt sich auch für Gutes verwenden. Welche Kirche wird uns bleiben/werden wir sein, wenn diese Diener gegangen sind? Was aus der Erbmasse können wir noch einmal verwenden? Was dürfen wir noch verwennden im Angesicht der Schandtaten?