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Mutig sein gegenüber der AfD! Kommentar zur „Münsteraner Erklärung für eine mutige Kirche“


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Gott erwählte den stotternden Mose, um das Wort Gottes gegen die Weltmacht Ägypten zu verkünden. Der Prophet Elijah scheute nicht den Wettstreit mit 450 Götzenpriestern. Und heute? Auf den ersten Blick ist die Einladung an Volker Münz, dem kirchenpolitischen Sprecher der Bundestagsfraktion der AfD, auf dem Katholikentag an einer Podiumsdiskussion teilzunehmen, ein „Dammbruch“, wie es in der „Münsteraner Erklärung für eine mutige Kirche“ heißt. Muss sich die Kirche nicht deutlich abgrenzen von einer Partei, die in vielen Positionen dem christlichen Weltbild widerspricht? Daher fordern mehrere Theologen in dieser Erklärung:

„Ein deutliches Zeichen wäre nun, gerade nach den jüngsten Entwicklungen, die Einladung mit aller nötigen Entschiedenheit zurückzunehmen und ein für alle Mal klarzustellen: Menschenfeindliche Politik ist keine Option für Christ*innen.“1)

Es bedarf einer mutigen Kirche, die der Unterdrückung (wie Mose), den wiederaufkommenden Rassismus sowie der salonfähigen Menschenverachtung entgegentritt. Es muss der Anspruch des Christentums sein, „nicht nur die Opfer unter dem Rad zu verbinden, sondern dem Rad selbst in die Speichen zu fallen“, wie es Dietrich Bonhoeffer im April 1933 forderte. Man blockiert den wiederaufkommenden Rassismus und Nationalismus nicht, wenn man das Rad einfach weiterrollen lässt. Die Zeit des kritischen Betrachtens aus der Distanz ist vorüber.

„Ausgrenzen hilft nicht, Verdrängen auch nicht. Schönreden wäre fatal; Klartext ist angesagt,“2)

schreibt Thomas Söding als Mitglied des Zentralrats der Katholiken deshalb völlig zurecht als Erwiderung auf die Erklärung der Theologen. Mose trat vor den Thron des Pharaos, Jona stand mitten in der Hauptstadt Babylons um das Gericht Gottes zu verkünden und die Katholiken scheuen bei einem Heimspiel die Konfrontation?

Ein Missverständnis?

Die christliche Existenz ist kein „Friede, Freude, Eierkuchen“, kein Ringelpitz. Weder Kirche noch ein Kirchentag darf eine reine Wohlfühlveranstaltung sein, denn die Nachfolge Christi ist ein Auftrag, in der Welt zu wirken. Die Jünger Jesu sind nach seiner Himmelfahrt nicht hinter verschlossenen Türen geblieben. Das Leitwort des Katholikentags könnte dazu verleiten, zu glauben, dass sich alles doch nur um Selbstfindung dreht: „Suche Frieden“. Das klingt wie ein Meditationsaufruf, mit geschlossenen Augen die innere Zufriedenheit zu finden. Aber das Leitwort stammt aus Psalm 34,15 und ist ein ethischer Imperativ:

Bewahre deine Zunge vor dem Bösen; deine Lippen vor falscher Rede! Meide das Böse und tu das Gute, suche Frieden und jage ihm nach! Psalm 34,14-15

Wer so handelt, erkennt und anerkennt die Wirklichkeit Gottes in der Welt. So gilt es im Angesicht Gottes zu leben. Die Imperative zeigen auf, wie Gottesfurcht gelebt wird.

Kommt, ihr Kinder, hört mir zu! Die Furcht des HERRN will ich euch lehren! Psalm 34,12

Es geht also nicht um einen Frieden um jeden Preis, zu dem der Psalm aufruft, sondern zu einem Frieden nach Gottes Willen: ein Frieden, der darin gefunden wird, dass das Böse gemieden und das Gute getan wird. Gemäß Psalm 72,2-3 ist der Frieden die Frucht der Gerechtigkeit und der Rechtschaffenheit in einer Gesellschaft, die die Armen versorgt und die Stimme der Elenden wahrnimmt. Das Böse zu meiden, bedeutet nicht es zu ignorieren, sondern die Gottesfurcht zu verkünden. Psalm 34 beginnt mit den Worten:

Ich will den HERRN allzeit preisen; immer sei sein Lob in meinem Mund. Psalm 34,2

Warum sollte es falsch sein, dieses Lob nicht auch im Angesicht eines AfD-Politikers auszusprechen und ihn kritisch zu fragen: Bewahren Sie ihre Lippen vor falscher Rede? Meiden Sie das Böse und tun Sie das Gute? Suchen Sie Frieden und Gerechtigkeit? Es kann keine Antwort geben, vor der sich die Kirche fürchten muss. Wenn wir nicht der Meinung sind, dass unsere Lehre überzeugender ist als die Äußerungen der AfD, was ist dann all unsere Theologie und unser Glauben wert? Eine mutige Kirche sucht die Konfrontation.

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Bildnachweis

Titelbild: Anti-AfD-Plakat, fotografiert von Martin Lemke. Lizenz: (CC BY 4.0).

Einzelnachweis   [ + ]

1. AfD ausladen! Münsteraner Erklärung für eine mutige Kirche“, feinschwarz.net, 26.03.2018 [Stand: 30. März 2018].
2. Ausgrenzen hilft nicht. Warum der Katholikentag keine Angst vor einem AfD-Mann hat. Leserbrief zu „‘AfD ausladen!‘“, Thomas Söding, feinschwarz.net, 26.03.2018 [Stand: 30. März 2018].
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