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Res publica

Eines der ältesten Gewerbe der Welt Eine alttestamentliche Wertschätzung des Hebammenberufes


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Nicht alles Altehrwürdige ist gut. Doch im Falle des ältesten, sogenannten Frauenberufs, der Tätigkeit als Hebamme, ist das Aussterben dieses Berufszweiges keine Anpassung an die modernen Zeiten, sondern ein Mangel an der notwendigen Grundversorgung. „Hebammenhilfe umfasst die Beratung und Betreuung während Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillzeit, sie ist Beratung, Begleitung und Versorgung von Mutter und Kind.“1) In dieser Tätigkeit sind Hebammen FürsprecherInnen der schwangeren und gebärenden Frauen, zukünftigen Müttern. „Ihre achtsame Betreuung vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende der Stillzeit ist ein gesellschaftlich relevanter Beitrag zur Frauen- und Familiengesundheit.“2) Allerdings ist dieser Beruf in den vergangenen Jahren zunehmend unattraktiv geworden, denn Hebammen müssen um ihre Existenz kämpfen.

Die Preise für die berufliche Haftpflichtversicherung sind seit 2008 von jährlich 1000 Euro auf 6000 Euro im Jahr 2017 angestiegen.3) Durchschnittlich wird eine Geburt – ohne Vor- und Nachsorge, Nacht- oder Wochenendzuschüsse – mit knapp 300 Euro vergütet. Dies bedeutet, dass Hebammen 20 Kinder entbinden müssen, nur um die berufliche Haftpflichtversicherung bezahlen zu können. Die Politik hat mit Ausgleichzahlungen und Sicherstellungszuschlägen reagiert. Aber diese Maßnahmen sind nur eine kurzfristige Abhilfe im Angesicht der immer weiter steigenden Versicherungsprämien (vgl. dazu: „Haftpflichtproblematik“). Es muss eine Lösung gefunden werden, die dem Hebammenberuf die notwendige Wertschätzung entgegenbringt. Bereits das Alte Testament betont die Bedeutung des Hebammenberufes.

Hebammen als Schutzengel

Bereits im Buch Exodus ist erkennbar, dass die Tätigkeit von Hebammen nicht nur eine solidarische Hilfe ist, die sich Frauen gegenseitig leisten, sondern eine gesellschaftliche Institution von Fachfrauen. Der Pharao, der das Volk Israel in Ägypten unterdrückte, ließ die Hebammen der Hebräer, d.h. der Israeliten zu sich rufen (Exodus 1,15). Das hebräische Wort für „Hebamme“ lautet מְיַלֶּדֶת (gesprochen: mejaledet). Es ist ein feminines Partizip und leitet sich von der hebräischen Wortwurzel ילד ab, die „gebären“ bedeutet. Über die eigentliche Tätigkeit der Hebammen in alttestamentlicher Zeit lässt sich aus den Texten nur wenig erschließen. Aus Ezechiel 16,4 ergibt sich, dass Hebammen nach der Geburt die Nabelschnur abschnitten, das Kind wuschen, mit Salz einrieben und in Windeln wickelten. Die Erzählung im Buch Exodus verdeutlicht, dass die Hebammen die Beschützerinnen des zerbrechlichen, neugeborenen Lebens waren. Der Pharao rief Schifra und Pua, die Hebammen der Israeliten zu sich und sagte zu ihnen:

Wenn ihr den Hebräerinnen Geburtshilfe leistet, dann achtet auf das Geschlecht! Ist es ein Knabe, so lasst ihn sterben! Exodus 1,16

Der Pharao will die Geburtshelferinnen als Todesengel missbrauchen. Aber sie widersetzen sich ihm:

Die Hebammen aber fürchteten Gott und taten nicht, was ihnen der König von Ägypten gesagt hatte, sondern ließen die Kinder am Leben. Exodus 1,17

Gott als Hebamme

Das Bild der Hebamme dient in Psalm 22 gar dazu, die Beziehung Gottes zum Menschen zu beschreiben. Gott ist es, der den Menschen aus dem Bauch seiner Mutter hervorbringt, ihn oder sie herauszieht und an die Brust der Mutter legt.

Du [Gott] bist es, der mich aus dem Schoß meiner Mutter zog, der mich anvertraut der Brust meiner Mutter. Psalm 22,10

Die besondere Nähe der Hebamme zum Kind und die Verantwortung in dem kritischen Moment des Lebensanfanges sind für den Beter ein Bild für die kümmernde Liebe Gottes.

Haftpflicht

Eine Hebamme trägt eine große Verantwortung. Um diese Verantwortung abzusichern, gab es in biblischer Zeit noch keine Haftpflichtversicherung. Das gegenwärtige Steigen der Prämien aufgrund immer höherer Schadenersatzansprüche ist ein Problem, das die Politik gemeinsam mit den Versicherern und den Hebammen lösen muss, um der gesellschaftlichen Bedeutung von Hebammen gerecht zu werden.


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Einzelnachweis   [ + ]

1. Was ist Hebammenhilfe?“, www.hebammensuche.de [Stand: 24. März 2017].
2. Beruf Hebamme“, Deutscher Hebammenverband [Stand: 24. März 2017].
3. Vgl. „Hebammen kämpfen um Existenz“, Lara Hunt, Remscheider General-Anzeiger, 22.03.2017 [Stand: 24. März 2017].
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3 Replies

  1. Auch die UNESCO hat die historische und aktuelle Bedeutung dieses Berufes erkannt und das Hebammenwesen auf die bundesweite Liste der schützenswerten immateriellen Kulturerbe setzen lassen! Leider ist das netto der Politik noch nicht angekommen!